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Normalerweise kommen große Updates der Adobe Programme im Herbst zur „Adobe MAX“, der Hausmesse des freundlichen Softwareherstellers. Mit großartigen Neuigkeiten verwöhnt Adobe die InDesign-Anwenderinnen jedoch seit Jahren nicht. Da sind wir ja schon froh, wenn mehr Bugs gefixt werden als neue dazukommen.
Nun überrascht uns Adobe aber unterjährig mit einem Update, das neue Funktionen bringt. Das findet zwar nur hinter dem Punkt statt, aus 19.3 wird 19.4. Dennoch gibt es interessante Neuerungen. Schauen wir uns die mal an. Vorab nur schonmal der Hinweis, dass es sich um „Beta-Versionen“ handelt, was bedeutet, dass Adobe uns die Software testen lässt.
Cloud-Dokumente
In Photoshop und Illustrator kennen wir das schon länger:
Wenn man nun in InDesign 19.4 eine neue Datei speichern möchte oder bei einer bestehenden Datei „Speichern unter…“ wählt, hat man zusätzlich die Möglichkeit „Cloud-Dokument speichern„. Damit landet das Dokument nicht auf der lokalen Festplatte oder dem Firmen-Server sondern auf einem Cloud-Server von Adobe. WOW! Man erkennt ein Cloud-Dokument übrigends am Wolkensymbol:
Vorteile der InDesign Cloud-Funktion
Der große Pluspunkt dieser Funktion ist natürlich, dass man auf diese Weise mit anderen am Dokument arbeiten kann. Es entfällt also das Verschicken per E-Mail, das Arbeiten an gemeinsamen Servern und so weiter. Im InDesign-Menü „Datei“ findet sich die neue Funktion „Zur Bearbeitung einladen (Beta)…“
Wählt man diese aus, öffnet sich ein Dialog über den man Mitarbeitende einladen kann. Voraussetzung ist natürlich, das diese Personen eine Adobe-ID haben. Diese erhalten eine E-Mail mit einem Link, der eine Vorschau der InDesign-Datei in Browser öffnet und per Klick in InDesign öffnen lässt. Natürlich benötigen alle Teilnehmenden an dem Workflow InDesign 19.4; das ist sicher klar. Im Browser erscheint eine statische Darstellung der InDesign-Datei. Spannend wäre es, an dieser Stelle die Möglichkeit zu bekommen, die InDesign-Datei direkt zu bearbeiten, als InCopy-Browser Add On sozusagen. Ob das kommen wird, wird die Zukunft uns zeigen.
Achtung, Fallstricke
Nun wird es fitzelig. Es gibt einiges zu bedenken.
Schriften: Natürlich sind die verwendeten Schriften nicht Teil des Dokumentes. Wenn du ausschließlich „Adobe Fonts“ verwendest, hast du einen Vorteil. Denn diese stehen den Mitbearbeitenden ebenfalls zur Verfügung. Auf Wunsch werden die beim Öffnen direkt mit aktiviert. Hast du eigene Schriften im Dokument verwendet, musst du einen Weg finden, wie alle Mitarbeitenden diese Schriften bekommen können.
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Bilder: Mit den Verknüpfungen verhält es sich ähnlich. Liegen die in der Cloud (Cloud-Dokumente von Illustrator oder Photoshop) oder in einer „CC Library“ und haben die Mitarbeitenden Zugriff darauf, funktioniert alles. Dass die Zugriffsrechte entsprechend passen, musst du selber sicherstellen; da hilft dir Adobe nicht. Liegen die Bilder und Grafiken auf deinem Rechner oder Server, haben die Mitarbeitenden ein Problem.
Text-to-Image Generative AI
Nun hat auch dieser Trend Einzug gehalten in InDesign. Wir kennen es aus Photoshop und Firefly und anderen Diensten: Du beschreibst ein Bild per Text und bekommst ein Bild generiert.
So viel vorab: Diese Funktion ist in InDesign 19.4 nicht nur im Beta-Stadium integriert, sondern auch nur englischsprachigen Anwenderinnen vorbehalten. Mit einem kleinen Trick kannst du das auch installieren und nutzen.
Hinweis: Jeder kann sich ein englischsprachiges InDesign installieren. Du musst in der „Creative Cloud Desktop“-App in den Voreinstellungen nur die Sprache auf „English (North America)“ stellen.
Aber: Warum sollte man? Wenn du einen leeren Bildrahmen erzeugst, erscheint, ähnlich wie in Photoshop, eine „Kontextbezogene Taskleiste“. Die fehlt im deutschen InDesign 19.4 komplett. Dort kannst du bei „Text to Image (Beta)“ deinen „Prompt“ eingeben und InDesign füllt den Bildrahmen mit einem Bild und zwei alternativen Vorschlägen – wie in Photoshop.
Aktuell besteht das Problem, dass das Bild ausschließlich im Dokument existiert; es hat keinen Pfad! Das KI-generierte Bild ist weder lokal zu finden, noch in der Cloud oder in einer „CC Library“. Sehr misteriös! Ok, das liegt wohl auch am Beta-Status der Funktion. Aber, so kann man aktuell nicht produzieren.
Weitere Neuerungen
Zwei Funktionen, die uns InDesign 19.4 beschert hat, sollen nicht unerwähnt bleiben.
Zu den Neuerungen beim barrierefreien EPUB-Export gehören eine verbesserte Seitennavigation, Metadaten für Titelbilder, die Möglichkeit, Bilder als rein dekorativ zu kennzeichnen, sowie die Unterstützung von Endnoten und Fußnoten.
Einige Benutzer haben den Dienst „Publish Online“ aufgrund von Sicherheitsbedenken gemieden. Es gab keine Möglichkeit, zu verhindern, dass jemand, der einen Link zu Ihrem Dokument hatte, es einsehen konnte. Aber jetzt können Sie ein Kennwort verlangen.
Wie immer gilt: Wenn du InDesign zum Arbeiten und Geldverdienen brauchst, dann sei vorsichtig mit dem Updaten. Es gibt immer mal wieder Probleme, z.B. mit Drittanbieter-Software. So berichtet Rainer Klute aktuell, dass InDesign 19.4 mit dem „Duden Korrektor“ in Disharmonie steht. Bei der Entscheidung „Update oder nicht“ hilft auch ein Blick auf indesign-personaltrainer.de/indesign-status.
„Bananen Software“ nennt man Programme, die erst beim Nutzer zur Reife gelangen. Programmierer nennen das dann lieber „Betatest“, weil es sich besser anhört 😊
„Cloud Dokumente“ sind einerseits ne tolle Sache, ob sie aber in den jeweiligen Arbeitsablauf passen, muss man im Einzelnen klären. Was ich super ärgerlich finde ist, dass InCopy leider keine Ahnung von „Cloud-Dokumenten“ hat! Wie toll wäre es und wie sehr könnte sich der Ablauf mit InCopy vereinfachen? Schade, Adobe! Da ist Luft nach oben!
Christoph Steffens